Die Hölle hat einen Namen…

Die Hölle hat einen Namen…

Die ersten Tage nach Kathmandu durch Nepal waren landschaftlich noch ein Schmaus! Meine Route führte mich zu Beginn über eine Seasonal Straße. 1.400 hm, 70 km über schlechte Feldwege, dabei überquerte ich mehrere kleine Flüsse und bekam nasse Füße. Bazi wollte mal abkürzen… Danach lief es wie von selbst, im Flachen donnerte ich über asphaltierte Straßen mit bis zu 28 Sachen. Himalaya sei Dank! Am dritten Tag erreichte ich Lumbini, Geburtsstätte Buddhas. Ein totaler Flop… Es ist heute nicht mehr als ein architektonischer Erlebnispark der buddhistischen Tempelkunst. Beinah jedes asiatische Land hat oder baut einen Tempel! Mönche, mit denen man sprechen könnte, suchte man hier vergeblich…

Nun bin ich in der Hölle, zumindest was das Radfahren betrifft. Indien ist der Horror, Reflexe sind hier das A und O! An meinem ersten Tag hat mich ein Auto beim Überholen gestriffen. Ihm kam ein Bus entgegen, der gerade einen Lastwagen überholte… Ich machte daraufhin die Bekanntschaft mit dem Graben. Es war recht weich, weil er voller Müll war… Meine Tasche hat’s ein wenig erwischt, ein paar Glasscherben steckten drin. Glück gehabt! Das Auto hielt natürlich nicht an… Der Tag fängt mit purem Stress an. Alles was sich irgendwie bewegen kann, ob Mensch oder Tier, ist auf der Straße. Ein rein wildes Gehupe, manche bleiben beinah die ganze Zeit drauf. Die Maxime ist dann, wenn man durch größere Dörfer oder gar Städte fährt. Alles bewegt sich im Schritttempo, alles hupt was eine Hupe hat, die sind so was von laut und grell, dass man kurz vor dem Durchdrehen ist! Motorradfahrer schubsen einen, um vorbeizukommen und es stinkt! Ich schwanke täglich zwischen Frustration und Aggression. Unter meinem Halstuch, das ich stets über der Nase trage, bekomm ich kleine Tourette-Anfälle, die zum Glück niemand sieht und hört. Lunge und Augen brennen in den Abgasen der Autos und dem Rauch von brennendem Müll. Auf der ganzen Reise ist bisher viel passiert, aber das hier ist der Wahnsinn! Jetzt bin ich in Varanasi und hab, um es auf den Punkt zu bringen, so was von die Schnauze voll! Das Hostel, in dem ich die erste Nacht war, ist direkt am Ganges und an dieser Stelle werden 24 Std. täglich Leichen verbrannt. So, ich roch es im Zimmer, das ich mir mit einem Salamander teilte… Nervlich kurz vor der Kapitulation, zog ich in ein anderes Hostel. Hier lerne ich viele Menschen aus aller Welt kennen, nette Gespräche, bei denen ich zum ersten Mal abschalten kann. Das tut mir gut, denn als ich hier ankam, war ich stark am Überlegen, weiter mit Bus oder Bahn zu fahren. Nun fasse ich neuen Mut und gebe Indien noch eine Chance. Fährt mich aber noch einmal etwas an, dann werde ich mein Glück nicht mehr länger strapazieren!

Jetzt zu Varanasi. Bei dem ersten Spaziergang stieg ich schon mal in einen dicken Haufen Scheiße… Die Menschen halten mitten in der Stadt Tiere. In schmalen Gassen findet man an jeder Ecke Kühe und Ziegen. Dementsprechend sehen auch die Wege aus. Das Leben spielt sich komplett auf der Straße ab. Hier kommt man zur Welt, hier isst man, hier verrichtet man sein Geschäft und hier stirbt man. Der Fluss Ganges ist alles in einem – für Menschen und Kultur von großer Bedeutung. Während an einer Stelle die Überreste von der Bestattung in den Fluss fallen, wäscht man keine 200 m weiter seine Wäsche oder putzt sich die Zähne… Es heißt, wenn man ein Bad im Ganges nimmt, sind alle schlechten und bösen Taten der Vergangenheit weggewaschen. Ja dann werd ich jetzt mal tauchen gehen! Erst gestern brachte ich einen Inder zu Weißglut. Bin gefragt worden, ob ich mein Rad verkaufen möchte, meine Antwort war: Würdest du deine Frau verkaufen? Daraufhin flippte er total aus und musste sich sichtlich beherrschen. Die verstehen diese Art von Humor nicht und ich musste mich x-mal entschuldigen, um ihn wieder zu beruhigen. Blödes Missverständnis… Das Wetter um diese Jahreszeit ist sehr neblig. Tag und Nacht ist die Sicht auf wenige hundert Meter begrenzt und es herrscht so eine trübe Stimmung. Die Temperatur ist stets über 20 Grad, hin und wieder gibt’s auch mal einen kräftigen Schauer. Für mich heißt’s jetzt, spätestens am Dienstag, auf zu den letzten ca. 1.000 km durch Indien! Auf in den Wahnsinn…!

Namaste aus Indien!

English:

Hell has a name…

In terms of scenery, the first days on the way to Kathmandu through Nepal were a feast for the eyes! My route led me over a seasonal street in the beginning. I covered 1,400 meters in altitude, 70 km on poor field paths; thereby I crossed several small rivers and got wet feet. Bazi wanted to take a short cut… Afterwards, it was an easy ride: Thanks to the Himalaya, shot over asphaltic streets with up to 28 km per hour! On the third day I reached Lumbini, the place of birth of the Buddha. A total flop… Today, it is no more than an architectural theme park of Buddhist temple art. Almost every Asian country has or builds a temple! You searched in vain for monks you could talk to…

Now I’m in hell, at least with regards to biking. India is a horror, and reflexes are essential! On my first day, a car touched me while overtaking. And a bus came towards it while the bus was overtaking a truck… Following this, I became acquainted with a ditch. It was rather soft because it was full of garbage… My bag suffered a little bit, a few pieces of broken glass were stuck in it. What luck I had! Of course, the car didn’t stop… Days begin with pure stress. Everything that is somehow able to move, no matter if human or animal, is in the streets. Sheer wild honking, some people almost honk the horn without interruption. And it becomes even more intense if you pass through larger villages or even cities. Everything moves at walking pace, and everyone who has a horn, honks their horn. The horns are so loud and screaming that you’re about to lose your mind. Motorcyclists push you away to get through, and it stinks! Daily, I waver between frustration and aggression. Beneath my scarf, which I always wear over my nose, I live out small Tourette attacks which luckily can’t be seen or heard by anyone. My lungs and eyes burn from the car emissions and the smoke of burning garbage. During the journey, many things have happened until now, but this here is madness! Now I’m in Varanasi and, to cut the chase, I’m so fed up to the back teeth! The hostel, where I stayed the first night, is directly located at the Ganges and at this place dead bodies are burned 24 hours a day. Well, I smelled it in the room which I shared with a salamander… With my nerves being on the verge of surrendering, I moved to another hostel. There, I get to know many people from all over the world and we have nice conversations enabling me to relax for the first time. It does me good, because when I arrived here, I heavily thought of continuing by bus or train. Now I’m plucking up new courage and give India another chance. But should something or someone fly in my face again, then I won’t challenge my luck any longer!

Now to Varanasi. During the first walk, I immediately stepped into a big pile of shit… People hold animals in the middle of the city. In small alleys, you find cows and goats in every corner. Thus, the ways look accordingly. Life completely takes place in the streets. You are born here, you eat here, you relieve yourself here, and you die here. The Ganges is all in one – of greatest importance for people and culture. While on one spot at the Ganges, bodily remains of cremations are disposed of in the river, people wash their clothes or brush their teeth merely 200 meters further down… It is said that if one takes a bath in the Ganges, all bad and evil acts from the past are washed away. Well, then I’ll go for a dive now! Only yesterday I made an Indian guy see red: When he asked me if I would sell my bike, I answered: “Would you sell your wife?” Upon my answer, he totally flipped out and visibly had difficulties pulling himself together. They don’t understand this kind of humor and I had to apologize umpteen times to cool him down again. Silly misunderstanding…The weather around this time of the year is rather foggy. Day and night sight is limited to a few hundred meters only and the mood is cloudy. Temperature is always above 20 degrees, and now and then it rains heavily. For me it’s time – at the latest on Tuesday – to start with the last approx. 1,000 km through India! Off to madness…!

Namaste from India!

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