Dieses Oktoberfest

Dieses Oktoberfest

Es war einmal ein Paar: Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese, die sich vor 200 Jahren anlässlich ihrer Liebe und der darauf folgenden Hochzeit ein Fest gaben. Die längste Hochzeitsfeier der Welt, das Oktoberfest, an dem alle teilnahmen. Menschen aus allen Schichten begegneten sich und feierten 16 Tage lang. Es gab Pferderennen, an denen sich die Bauern mit der Kavallerie des Königs messen durften und viele andere Spiele. Man verspeiste in der Zeit unzählige Ochsen und trank wie heute.

Eins ist gleich geblieben, dass sich alle begegnen, Unmengen trinken und essen. Nur begegnet sich heute die ganze Welt auf der Wiesn und die Armen sammeln heute Flaschen. Eine Pfandflasche ist 8 Cent wert, ein Liter Bier (eine Maß) kostet heuer 8,80 €… Wer sich das Vergnügen nicht leisten kann, ist ausgeschlossen. Dennoch ist und bleibt’s das größte Bierfest, wie es heute besser bekannt ist, ein Ereignis. Es läuft ganz einfach ab. Man geht auf die Wiesn, lernt Menschen kennen und trinkt Bier… Manche, oder auch viele, besuchen noch die vielen Fahrgeschäfte zwischen den Bierzelten und essen. Nach einer oder auch mehreren Maß Bier sieht alles locker aus und man freut sich, viele Bekanntschaften zu schließen. Ja, die Hemmungen fallen, Menschen öffnen sich und können befreit und herzhaft miteinander lachen! Das ist der Erfolg, der das Fest so berühmt gemacht hat. Die Realität hat heut noch andere Seiten. Die 16 Tage Oktoberfest sind mit nichts zu vergleichen. Das Fest endet täglich um elf Uhr abends, dann füllt sich die Stadt mit Tausenden Betrunkenen. Was da abgeht, ist ein reiner Ausnahmezustand, auf den Straßen herrscht Anarchie. Menschen liegen völlig fertig in den Ecken, man kann nicht unterscheiden, ob jemand ernsthaft Hilfe braucht oder einfach nur schläft… Wer noch laufen kann, läuft der Gefahr, überfahren zu werden, denn wenn eine Ampel grün zeigt, wird gefahren. Dabei spielt für viele Autofahrer keine Rolle, ob da jetzt Betrunkene unterwegs sind oder nicht. Was heut geboten wird, sprengt jede Statistik, bekannt wird aber immer der Besucherrekord und Bierverzehr. Das andere ist diese Lockerheit, dazu sag ich nur eins. Alles hurra trallala und morgen haben die meisten wieder einen Stock im Arsch. Dazu kommt noch das Benehmen von sonst so gescheiten Menschen. Es artet in Arroganz, Intoleranz und Aggressionen aus. Ich will gar nicht das Rumgekotze erwähnen, aber das kollektive Besäufnis lässt die Affen im Zoo noch richtig zivilisiert aussehen…

Als Rikschafahrer auf der Wiesn ist es recht durchwachsen, meist hat man nette und lustige Fahrgäste. Bei einigen Fahrten aber kann es schon sehr anstrengend werden. Die schon erwähnte Anarchie auf der Straße erfordert vollste Konzentration, ausweichen über Gehwege, weil die Straßen verstopft sind, dauernd klingeln, um sich den Weg durch die Massen zu schaffen und überall Glasscherben. Dabei stets auf Fahrgäste achten, die lieber stehend fahren und grölen. In den Kurven kann es da schon spannend werden. Bevor es aber so weit kommt, wird man auch oft beschimpft, weil für viele 9 € pro Person zum Hauptbahnhof eine Frechheit ist. Schon seltsam, dass vielen ein Liter Bier mehr wert ist als eine Rikschafahrt… Mein vollster Respekt gilt an der Stelle den weiblichen Fahrerinnen. Man kann sich ausmalen, was sie durchmachen…

Jetzt aber genug davon, es gab heuer auch die historische Wiesn anlässlich des Jubiläums, 200 Jahre gibt’s das Fest schon! Auf dem historischen Teil konnte man sich einen Einblick verschaffen, wie es früher war. Mein Tipp für alle, die es selber erleben wollen. Macht zuerst eine Stadtrundfahrt, am Besten natürlich auf einer Rikscha :-), lernt was über die Stadt und Leute, lasst es locker angehen. Die beste Zeit für den Besuch auf der Wiesn ist mittags bei schönem Wetter. Holt euch ein bayerisches Schmankerl zum Essen und schlendert über das Festgelände. Ein Bier soll und muss man natürlich auch trinken! Hierfür mein nächster Tipp. Es gibt nur noch eine Brauerei, die das Bier original aus dem Holzfass zapft. Schmeckt einfach besser! Welche Brauerei es ist, findet ihr schon raus, soll ja auch spannend bleiben… Ansonsten denkt dran, dass es nicht die Essenz unserer Kultur ist, zu saufen! Das wird nur heut so verkauft! Feste soll man feiern, wie sie kommen! Verliert man aber dabei die Wahrnehmung, weil man zu viel trinkt, dann kann es ausarten und ihr habt am nächsten Tag keine Ahnung, was, wo, wie passiert ist. Im besten Fall wacht ihr zu Haus auf…

Was mich betrifft, es war dieses Jahr recht durchwachsen. Die neuen Sicherheitsbestimmungen bezüglich der Terrorgefahr haben zum Teil das Geschäft geschädigt. Man hat uns Rikschafahrer in kleine dunkle Gassen wie in einem Käfig gedrängt, an denen nur Bruchteile der Besucher vorbeikamen… Grund dafür war, dass man die Straße rund um die Wiesn gesperrt hat. Egal, im Großen und Ganzen war es dennoch gewinnbringend und die Reisekasse hat sich ein wenig erholt!

PS: Der wohl berühmteste Hilfsarbeiter beim Aufbau der Wiesn war Albert Einstein. Als Aushilfe in der familieneigenen Elektrofirma „Elektrotechnische Fabrik J. Einstein & Cie“ drehte er im Schottenhamel-Festzelt Glühlampen ein.

English:

This Oktoberfest

Once upon a time, there was a couple: Crown Prince Ludwig and Princess Therese who held a festival on the occasion of their love and the wedding following thereto. It was the longest wedding ceremony in the world, the Oktoberfest, in which everyone took part. People from all social stratums encountered one another and celebrated for 16 days. There were horse races, in which farmers competed with the Royal Cavalry, and many other games. Back then, countless oxen were eaten, and people drank as much as they do today.

It remains the same that one encounters another and that endless amounts of food and drinks are consumed. But in comparison, today you meet the whole world at the Oktoberfest (the “Wiesn”), and the poor collect returnable bottles. One returnable bottle is worth 8 Euro cents, and one liter of beer (“Maß”) costs € 8.80 this year… If you cannot afford such pleasure, you’re excluded. Still, the biggest beer festival – as it is known today – remains an adventure. It is fairly simple. You go to the “Wiesn”, meet people and drink beer… Some, or also many, visit the fun rides between the beer tents and have something to eat. After one or even several “Maß”, everything looks easy and you are happy that you made many acquaintances. Yes, constraints disappear, people open up themselves and can heartedly laugh together! That success makes this festival so famous. But today’s reality also has its reverse sides. 16 days of Oktoberfest are incomparable. The festival ends at 11 pm every night, and then the city becomes crowded with drunks. What happens there is merely exceptional; anarchy rules the streets. People lay totally bushed in corners, and you cannot distinguish between those who seriously need help and those who simply sleep… And those who still can walk, run the risk of getting run over, because if the traffic lights are green, then you drive. Thereby, it doesn’t play a role for many drivers if there are drunks in the streets or not. What you encounter today goes beyond any statistics, but what you always get to know is the visitor record and the beer consumption. The other aspect is the easiness, and I only say one thing about it. Everything is happy-go-lucky, and the next day most people have a stick up their ass again. Additionally, you observe the behavior of the usually intelligent people. It turns into arrogance, intolerance and aggressions. I don’t even want to mention all the puking, but the collective booze-up let apes in the zoo appear albeit civilized…

For a rickshaw driver working at the “Wiesn” it’s quite mixed, usually you have nice and funny passengers. But some rides can be really exhausting. The already mentioned anarchy in the streets claims highest concentration, you need to move out of the way via sidewalks because the streets are jammed that much, you need to constantly ping to pass through the crowds and there are pieces of broken glass everywhere. And thereby you need to be attentive with passengers who’d rather like to stand during the drive and bawl. This gets exciting when you drive a curve. But before something like this can happen, you also get verbally harassed because for many, € 9 per person for a ride to the central station is a scandal. It is strange that for many a liter of beer is worth more than a rickshaw ride… At this point, our female rickshaw drivers have my greatest respect. You can only imagine what they go through…

But enough of that! This year, there was also the historic “Wiesn” due to the occasion of its anniversary; this festival has existed for 200 years! At the historic part, you could get an impression on how it was in former times. This is my tip for everyone who wants to experience it themselves. First, I recommend a city tour, of course via a rickshaw :-), then get to know something about the city and the people, take it easy. The best time for a “Wiesn” visit is around noon when the weather is good. Get a Bavarian delicacy (“Schmankerl”) to eat and stroll through the Oktoberfest grounds. And beer should and must of course be drunk! And for this, my next tip: There is only one brewery that still taps the beer originally from a wooden barrel. It simply tastes better! Which brewery is it? You will find out, it should remain exciting… Apart from that, keep in mind that boozing is not the essence of our culture! It is only sold like that today! One must celebrate when one has the opportunity! But if you lose the perception during this because you drink too much, then it can get out of hand, and the next day you don’t have any idea, what happened when and how. In the best case, you wake up at home…

Concerning myself, this year has been mixed. The new security rules with regard to terror threats have partly damaged business. They put us rickshaw drivers into small dark alleys like into cages, in which only a small portion of visitors passed by… The reason for that was because the streets around the “Wiesn” were closed off. Anyway, all in all, it has been profitable and my travel funds have recovered a little bit!

PS: The presumably most famous worker helping with the setting up of the “Wiesn” was Albert Einstein. As an assistant in the family-owned electric installation company “Elektrotechnische Fabrik J. Einstein & Cie” he screwed in bulbs in the beer tent “Schottenhamel”.

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